Stefano Martinelli: Patisserie-Virtuose im Golvet
Sous Chef und Chef Patissier
Mit Ruhe zu Perfektion
Denkt man an die Sterneküchen dieser Welt, fallen selten Begriffe wie Ruhe und Gelassenheit. Doch genau daran denkt Stefano Martinelli, wenn er sich zu seinem Arbeitsplatz im GOLVET begibt. Beim Kochen findet er seine Ruhe. Die Küche ist für ihn ein Ort, wo alles seine Ordnung hat und er in harmonischer Abfolge gemeinsam mit seinem Team Schritt für Schritt höchste Gaumenfreuden zubereitet. Der junge Italiener ruht in sich, das spürt man im ersten Moment.
Dass Stefano überhaupt den Weg in die Küche gefunden hat, ist eigentlich reiner Zufall. In Italien absolviert er für fünf Jahre eine Hochschule, die regelmäßige Praktika vorsieht. Ursprünglich ist er im Service beheimatet. „An der Bar hat man immer ein offenes Ohr, man entwickelt Beziehungen zu den Gästen. Ich liebte es, ständig mit verschiedenen Menschen in Kontakt zu sein. Die soziale Komponente macht den Service zu einem großartigen Arbeitsort,” erinnert sich Stefano heute. Im vierten Jahr schickt ihn sein Lehrer jedoch in ein Hotel, in dem man keinen Kellner sucht, sondern Unterstützung in der Küche. Ein Fehler, der sich als absoluter Glücksfall herausstellt. „Als Koch mache ich die Leute noch glücklicher. Gutes Essen macht glücklich!”, so Stefano. Neun Jahre arbeitet er als Koch in Italien, wo er er es bis zum Sous Chef schafft. Sein Arbeitsplatz ist das Palagina, ein geschichtsträchtiges Hotel unweit von Florenz. Da das Hotel jedoch nur in der Sommersaison geöffnet ist, kommt er 2015 für die Wintersaison nach Berlin – und bleibt.
Die Chemie der Patisserie
Er arbeitet zwei Jahre im The Mandala Hotel, wo er Jonas kennenlernt. Das Mandala ist auch der Schaffensraum von Thomas Yoshida, jenem renommierten 2-Sterne-Patissier, der mit seinen sagenhaften Kreationen neue Maßstäbe in der Welt der Desserts und des Fine Dinings setzt. Stefanos Feuer ist entfacht, er will unbedingt von dem großen Meister lernen. So geht er an seinen freien Tagen zu ihm, um ihm als Praktikant zu helfen, beinahe zwei Jahre lang. Patisserie ist für Stefano Chemie. Es geht um die perfekte Kombination von Texturen und Geschmacksnoten, die richtige Temperatur und Festigkeit, kurz: den perfekten Zustand, in dem unterschiedliche Geschmacksessenzen zueinander finden und zu unvergesslichen Genusserlebnissen verschmelzen. In der Patisserie ist für Stefano alles genau da, wo es sein soll. Es ist Präzision in Formvollendung. Unterschiedliche Geschmacksnoten werden perfekt aufeinander abgestimmt, um ein rundes Geschmackserlebnis zu kreieren. „Alles muss rund sein. Das perfekte Dessert soll alle Geschmacksnerven treffen und ein angenehmes Gefühl im Mund hinterlassen”, erklärt Stefano.
Als Küchenchef Jonas ins GOLVET kommt, sucht er einen Patissier. Für Stefano die lang ersehnte Chance! Er startet als Demi Chef de Partie, wird bald darauf Chef de Partie, Junior Sous Chef und im Juni 2022 letztendlich Jonas’ Stellvertreter in der Küche und somit Sous Chef. Die beiden sind ein unzertrennliches Team, sowohl in der Küche als auch außerhalb.
„Stefano zeichnet sich durch einen unglaublichen Wissensdurst aus. Er strebt immer nach neuen Ideen und Herangehensweisen. Er ist quasi mein zweiter Kopf und mittlerweile wie ein Bruder für mich. Wir fahren morgens gemeinsam zur Arbeit und abends wieder gemeinsam nach Hause, da wir nur zwei Querstraßen voneinander entfernt wohnen”, berichtet Jonas. Konkurrenzdenken? Fehlanzeige.
In der Küche hat Stefano freie Hand, wenn es um Desserts geht. Wie auch beim restlichen Menü bestimmen Zutaten und Saisonalität die Auswahl. Dabei greift der Patissier auch gerne auf selbst eingelegte Produkte wie Sakurablumen oder Mimosablüten zurück, um seinen Gerichten eine besondere Note zu verleihen. Er tendiert zu leichten Desserts und neuen Interpretationen von Klassikern wie Kaiserschmarrn als Eis oder in einer kleinen Form gebacken. Sein Lieblingsdessert? „Tiramisu!” Da muss der Italiener nicht lange überlegen. „Es vereint unterschiedliche Geschmacksnoten auf wunderbare Weise. Die bittere Note von Kaffee trifft auf die unglaubliche Cremigkeit der Mascarpone.” Ein weiteres Beispiel für die genüssliche Chemie der Patisserie.